Der Vergleich des Pavillons im Nordkolleg Rendsburg mit einem Bienenstock ist am Archivtag durchaus gerechtfertigt. Es summt und brummt. Zwei Tage, viele Gespräche, Vorträge, Austausch bei Kaffee und Keksen, während die Reihen noch dichter besetzt sind als in den Vorjahren. 113 Teilnehmerinnen und Teilnehmer stehen auf der Liste und die Archivgemeinschaft Gettorf ist in voller Mannschaftsstärke (in Worten: drei Personen) angereist.
Das Programm ist in Sektionen eingeteilt und am Anfang steht natürlich die Begrüßung durch den Leiter des Landesarchivs in Schleswig Prof. Dr. Dr. Rainer Hering und Dr. Johannes Rosenplänter, Leiter des Stadtarchivs Kiel und Erster Vorsitzender des Vorstandes des Verbandes der Schleswig-Holsteiner Kommunalarchivarinnen und Kommunalarchivare, die den Archivtag ausrichten.
Bunte Figürchen und Bestandserhaltung
Den Auftakt macht dann Dr. Jessica von Seggern vom Stadtarchiv Flensburg, die ihre Einrichtung unter der Überschrift „Archive in der Region“ vorstellt. So ähnlich Archive zu sein scheinen, so unterschiedlich sind sie doch beim genaueren Hinsehen. So scheint in Flensburg natürlich an allen Ecken und Enden die enge Verbindung zu Dänemark durch. Glück hat, wer wie das Stadtarchiv eine Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte hat, die die Brücke zu den Bürgerinnen und Bürgern schlägt.
In der nächsten Sektion steht die künstliche Intelligenz im Fokus. Es verfestigt sich ein wenig das Bild von einem kleinen bunten Figürchen, das über die Archivalien „drüber huscht“ und am Ende ist alles total toll erschlossen und durchsuchbar. Ganz so einfach geht es dann doch nicht. Denn: wird die KI z.B. mittels einer Handschrift angelernt, heißt das noch lange nicht, dass sie eine andere erkennen kann (wir alle wissen, wie unterschiedlich Handschriften sein können). Aber die Ansätze sind da und die Programme werden mit jedem eingebrachten Beispiel besser.
Nach dem Mittagessen wird deutlich, dass Archivarinnen und Archivare selten sind, aber Restauratorinnen und Restauratoren sind noch seltener. Umso besser, dass gleich vier von ihnen vor Ort sind und ihre Arbeit vorstellen, denn wie die einführenden Vorträge klarmachen: es gibt viel zu tun. So schön es ist, uralte Urkunden und steinalte Fotos im Bestand zu haben, die Erhaltung ist wirklich eine Herausforderung, denn Papier ist nicht gleich Papier und Foto schon gar nicht gleich Foto. Es gibt so viele verschiedene Oberflächen, die mit so vielen Materialien reagieren können, dass man schon beim Zuhören unbewusst die Luft anhält. Die aufgebauten Stände bieten daher die Möglichkeit sich zur Entsäuerung von Papier, dem richtigen Umgang mit Fotos oder der passenden Verpackung zu informieren und Tipps für die eigene Auftragsvergabe zu bekommen.
Alles genormt
Der zweite Archivtag startet mit einem weiteren hüpfenden Figürchen in Form von Normdaten. Wie schön wäre es doch, wenn besagtes Figürchen über die Erschließungsdaten, die Daten aus der Texterkennung oder generell überall drüber huschen würde und jede Person, jeden Ort und jedes Bauwerk anhand einer eindeutigen Nummer zu identifizieren ist. Denn Christians gibt es in Dänemark wie Wagners in Deutschland und die Neustädte gehen in die Dutzenden. Dass es schon mal bis zu drei Stunden dauern kann, um den Eintrag für genau diesen einen speziellen Christian zu erstellen und zu prüfen, das wundert nicht, denn „richtig ist wichtig“.
Bei der Erschließung unserer Archivalien wird oft Wert auf eine umfassende Beschreibung, möglichst viele Schlagworte und zusätzlicher Kontext gelegt. Es könnte ja bei der Recherche später einmal wichtig sein. Oft reicht es aber auch aus, nur das kleinstmögliche Infopaket (den Datensatz der Gemeinsamen Normdatei GND) zu finden, um zu wissen: „ah ja, das ist genau der Christian, den ich meinte“ oder „achso, ne, ich meinte Neustadt in Holstein“.
Der Archivtag klingt mit der aktuellen Stunde aus, in der es schwerpunktmäßig um die digitale Archivierung geht. Ganz am Schluss geht es um die Entwicklungen in der Archivgemeinschaft. Dabei stelle ich mich als neueste Entwicklung vor, denn ich bin seit 1. Februar bei der Archivgemeinschaft dabei. Aus dem Stand kann ich neun von zehn unserer Archive benennen, wobei aus dem Off dann noch „Büdelsdorf“ gerufen wird. Ich arbeite dran : )
Text und Bild: Carolin Ehrenfeld